Daschitschew, Wjatscheslaw: Von Stalin zu Putin
Auf der Suche nach Alternativen zur Gewalt- und Herrschaftspolitik
Auf der Suche nach Alternativen zur Gewalt- und Herrschaftspolitik
Der fließend Deutsch sprechende Wissenschaftler, der von 1991 bis 1998
als Gastprofessor an deutschen Universitäten lehrte, gilt auch als
profunder Deutschlandkenner, weshalb die Analyse der deutschen
Verhältnisse in seinem Werk auch breiten Raum einnimmt. Der ehemalige
Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) würdigte Daschitschews
entscheidenden Einsatz für die deutsche Einheit und wünschte sich 2005
von Daschitschew „noch viele Beiträge zur Gestaltung einer besseren
Welt“.
Daschitschew, mittlerweile hochbetagt, lässt in dem
vorliegenden Buch die einzelnen Stationen seines ereignisreichen Lebens
Revue passieren. Zweiter Weltkrieg, Stalinismus, Ost-West-Konflikt,
KSZE-Prozess, Mauerfall und deutsche Wiedervereinigung, Charta von
Paris, die Machtpolitik der USA im „amerikanischen Jahrhundert“ und die
nachsowjetische Rolle Russlands bis hin zu den jüngsten Ereignissen in
der Ukraine ziehen durch die Brille Daschitschews am Leser vorüber.
Dabei kommen auch viele Zeitzeugen zu Wort. Erstmals erhält der Leser
auch Einblick in damals hochaktuelle und brisante Lageanalysen für die
sowjetische Regierung, die Daschitschew selbst verfasst hat. Darin
werden die Ideen der Perestrojka und des „gemeinsamen europäischen
Hauses“ ebenso erläutert wie der Effekt der „negativen Rückkopplung“
eines gegen eine expansive Hegemonialmacht geschmiedeten Weltbündnisses.
An Letzterem scheiterten sowohl Hitlerdeutschland als auch die
stalinistisch geprägte Sowjetunion, daran wird aber, laut Daschitschew,
auch die letzte und einzig verbliebene Supermacht USA scheitern, die an
die Stelle der Breschnew-Doktrin von der „beschränkten Souveränität“ nun
die Doktrin der „uneingeschränkten Einmischung“ in die inneren
Angelegenheiten aller Länder gesetzt habe. Noch keiner Großmacht sei es
bisher gelungen, ihre Herrschaft in Europa und in der Welt auf Dauer zu
errichten.
Daschitschew ruft dazu auf, den Anfängen einer
globalen Hegemonie und eines die menschliche Zivilisation vernichtenden
Weltkonflikts zu wehren.
Dafür wird der früher von
orthodox-konservativen Kommunisten als „liberaler Häretiker“ geschmähte
Wissenschaftler heute von Neokonservativen und orthodoxen Liberalen in
die Nähe des „Rechtsextremismus“ gerückt. Abgerundet wird diese
Biographie durch einen achtseitigen S/W-Bildteil.
Der Autor
Wjatscheslaw
Daschitschew nahm 1943–45 an der 4. ukrainischen Front als
Erkundungsoffizier am Zweiten Weltkrieg teil. 1945–49 studierte er an
der Lomonossow-Universität Neuere Geschichte. 1973 als Historiker
promoviert, leitete er bis 1990 die Abteilung für außenpolitische
Probleme am Institut für internationale wirtschaftliche und politische
Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften. Zu Beginn der
Perestroika war er auch Professor der Diplomatischen Akademie des
sowjetischen Außenministeriums. Er fungierte für Michail Gorbatschow als
außenpolitischer Berater und gilt als Wegbereiter von
Ost-West-Entspannung. 1991 lehrte er als Gastprofessor an der FU Berlin,
1992 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und 1996 an der
Universität Mannheim. Mit dem Bundesinstitut für ostwissenschaftliche
und internationale Studien wurden zu dieser Zeit Pläne wirtschaftlicher
Zusammenarbeit für Kaliningrad entwickelt. 1995 erhielt er den Friedrich
Joseph Haass-Preis zur deutsch-russischen Verständigung. 1998 kehrte er
nach Russland zurück und arbeitete bis 2006 am Zentrum für
internationale ökonomische und politische Studien des Institutes für
Wirtschaft der Russischen Akademie der Wissenschaften.
580 Seiten
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