Im Herbst 2004 jähren sich zum 60. Male die angst- und
leiderfüllten Monate, als nach der geglückten Landung der Westalliierten in der
Normandie eine zweite große Front von Frankreich und Belgien her sich scheinbar
unaufhaltsam der deutschen Westgrenze und dem Raum Aachen-Stolberg näherte. Die
Reste des geschlagenen deutschen Westheeres (7. Armee) flohen vor den weit
überlegenen Amerikanern über die Reichsgrenze und besetzten zum Teil den
verwahrlosten Westwall. Im Raum südöstlich von Aachen stieß das VII. Korps der
1. US-Armee Mitte September 1944 durch die beiden Westwall-Linien bei Aachen
und Stolberg in einem Fronteinbruch von circa 15 Kilometer Tiefe, der als
»Stolberg-Korridor« in die Militärgeschichte eingegangen ist. Die noch
vorhandenen schwachen deutschen Kräfte waren nicht in der Lage, den
überlegenen, vollmotorisierten Feind, der auch die totale Luftherrschaft besaß,
aufzuhalten. Für diese Aufgabe bedurfte es auf deutscher Seite mindestens einer
zusätzlichen, frischen, kampfstarken Division. Dazu wurde die bis dahin an der
Ostfront eingesetzte und im Sommer 1944 beim Zusammenbruch der Heeresgruppe
Mitte fast zerschlagene, in Westpreußen inzwischen wieder aufgefüllte, bewährte
12.Infanterie-Division bestimmt. Sie wurde im Eiltransport an die wankende
Westfront gebracht und hier sofort ab dem 17.9. bataillonsweise gegen den
mächtigen Feind angesetzt, um ihn aus der Westwall-Linie bei Stolberg und
Mausbach hinauszudrücken. In heftigen, verlustreichen Kämpfen (1.
Aachen-Schlacht) konnte allerdings nur der weitere Vormarsch der Amerikaner bei
Mausbach und Stolberg vorerst gestoppt werden. Die übereilten Versuche des
Gren.-Regt. 48, Mausbach und Schevenhütte zurückzuerobern, scheiterten unter
hohen deutschen Verlusten, und Stolberg selbst wurde für zwei Monate eine
geteilte Frontstadt. So bedeutete das Eingreifen der deutschen 12.InfDiv für
die hiesige Zivilbevölkerung ein großes Unglück: Die meisten Bewohner mußten in
die Evakuierung fahren, und die Heimat wurde durch die folgenden
Stellungskämpfe bis Mitte November weitgehend zerstört; viele der
hiergebliebenen Zivilisten verloren durch den Beschuß ihr Leben, das Gelände
wurde verwüstet und vermint, die Wälder zersplittert und verbrannt, das Vieh
weggeführt oder getötet und insgesamt das Ende des längst verlorenen Krieges um
einige Wochen hinausgezögert. Die vorliegende Darstellung beschäftigt sich in
diesem komplexen Geschehen nur mit den Kämpfen, den Leistungen und Opfern des
Grenadier-Regiments 48 als einem der drei Infanterie-Regimenter der 12. Division,
das deren linken Flügel bildete und im Bereich Gressenich - Schevenhütte -
Hamich eingesetzt war. Hier tobte besonders während der November-Offensive im
Zusammenhang mit der benachbarten Hürtgenwald-Front eine der schlimmsten
Materialschlachten des 2. Weltkrieges (3. Aachen-Schlacht). Die Kämpfe werden
überwiegend von der „unteren“ Sicht her dargestellt.
Der Bericht ist dabei nicht auf den Wehetal-Bereich beschränkt, sondern folgt
dem herausgezogenen II. Bataillon auch in den Bereich Alsdorf - Baesweiler -
Bettendorf, wo es während der 2. Aachen-Schlacht im Oktober unter großen
Verlusten eingesetzt wurde. Schließlich kamen die Reste des Regiments 48 im
November nach den schweren Kämpfen um Hamich und im Bereich Wehetal noch zur
unsinnigen Rückeroberung des Ortes Schleiden bei Jülich sowie in Niedermerz und
das letzte noch verbliebene Häuflein in Jüngersdorf bei Langerwehe zum Einsatz.
Die am härtesten betroffene 6.Kompanie verlor in den zwei Monaten vom 22.
September bis 18. November dreimal ihren gesamten Personalbestand, die 5. und
7. Kompanie zweimal. So ist die Geschichte des Grenadier-Regiments 48 in den
drei Aachen-Schlachten ein Beispiel für rücksichtslosen Mißbrauch junger
Menschen und ihrer Tapferkeit, die diesen Krieg nicht verursacht und gewünscht
hatten, sondern in einer schlimmen Zeit ihre aus heutiger Sicht sinnlose und
von einer verbrecherischen Führung angeordnete soldatische Pflicht zu erfüllen
hatten, die für viele Tod oder Verstümmelung zur Folge hatte.
Die vorliegende Abhandlung beruht auf zeitgenössischen Militärakten von
deutschen und amerikanischen Archiven sowie auf mündlichen und schriftlichen
Mitteilungen und Tagebuch-Notizen von ehemaligen Soldaten beider Seiten,
besonders des Grenadier-Regiments 48.
152 Seiten, 224 Abbildungen, gebunden mit Schutzumschlag