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Wolfschlag, Claus-M.: Das "Antifaschistische Milieu"

Vom "schwarzen Block" zur "Lichterkette"

 
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Die Untersuchung „Das `antifaschistische Milieu´“ wurde 2001 als Dissertation an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn angenommen.
Die Arbeit besitzt eine Vorgeschichte, die etwa zehn Jahre zurückreicht. Damals saß ich mit einem Bekannten bei dem „Rechtsextremismus“-Forscher Klaus Schönekäs in einem Büro an der Universität Frankfurt. Ich fragte Schönekäs im Laufe einer Plauderei, weshalb es angesichts der Überzahl von Untersuchungen und Schmähschriften gegen „Rechtsextremismus“ kaum Abhandlungen über die politische Gegenseite, die „Antifaschisten“, gebe. Schönekäs antwortete damals, daß eine solche Arbeit nur jemand machen könne, der nicht aus dem linken politischen Spektrum stamme. Er deutete damit vorsichtig an, daß ein Großteil der sich mit „Rechtsextremismus“ auseinandersetzenden Literatur von Autoren des linksgerichteten Spektrums herrühre, die über ihre tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Gegner von „rechts“ urteilten. Und diese Forscher hätten kein Interesse an einer kritischen Untersuchung ihrer eigenen politischen Motive. Das machte mich neugierig. Und noch neugieriger wurde ich, als ich ein Exposé für eine Arbeit über „antifaschistische“ Strömungen in der Bundesrepublik Deutschland bei mehreren Professoren bzw. Dozenten vorlegte, um diese als Doktorväter zu gewinnen. Die Reaktion war immer die selbe: Sie hieß „Nein“, und zwar mit teils widersprüchlicher Argumentation. Der eine hielt die Arbeit für „zu früh“. Einer meinte, man müsse die Thematik enorm ausweiten, um sie überhaupt gesellschaftspolitisch relevant erscheinen zu lassen. Ein anderer meinte genau das Gegenteil: Man müsse das Untersuchungsfeld verkleinern, fokussieren, um irgendwelche Ergebnisse daraus ziehen zu können. Alle Beteuerungen, daß man das Vorgehen miteinander koordinieren könne, änderten nichts an der stur ablehnenden Haltung der Lehrstuhlinhaber. Es war immer das selbe: Scheinbar gab es im linksdominierten politikwissenschaftlichen Unibetrieb kein politisches Interesse an einer Arbeit über das „antifaschistische Milieu“. Das spornte den Forschergeist zusätzlich an, und schließlich fand ich einen – politisch angefeindeten, aber sehr interessierten – Doktorvater, der antwortete: „Hervorragend, legen Sie los.“ Es folgten mehrere Jahre der Recherche, Quellenauswertung und intensiven Beschäftigung mit dem fast völlig unbehandelten Forschungsgebiet. Der Vorstoß in die Arbeitsgefilde „Antifaschismus“ und „Linksextremismus“ glich bisweilen dem Gang in einen Urwald, den noch nie zuvor ein fremder Reisender durchforstet hatte. Heraus kamen knapp 500 Seiten im DIN A4-Format, eine Arbeit in der Telefonbuch-Dicke einer deutschen Metropole.

In der Arbeit wird ausführlich auf Geschichte, Habitus, Ideologie und Strategie der unterschiedlichen „antifaschistischen“ Strömungen eingegangen. Zentrale Zeitschriften dieses politischen Spektrums, wie „blick nach rechts“, „Der reche Rand“, „Antifaschistische Nachrichten“ oder „Antifaschistisches Info-Blatt“ werden in Subkapiteln vorgestellt. Sprachanalyse versucht die propagandistischen Stereotypen offenzulegen. In einem Kapitel über die Auswirkungen „antifaschistischen“ Handelns werden zahlreiche Fälle beschrieben, die von Gesprächsverweigerung gegenüber rechtsgerichteten Menschen, über Mobbing, Diebstahl, Störung von Veranstaltungen, Sachbeschädigung bis zu Körperverletzung und Tötungsdelikten reichen.

Das Buch führte zu bereits im Vorfeld der Fertigstellung erwarteten Reaktionen. Einige Befürworter der gegenwärtigen Innenbehörden-Praxis im Umgang mit „Extremisten“ fühlten sich aufgrund der kritischen Bewertung ihrer stereotypen Vorgehensweise zu kritisch bewertet. Vor allem aber die radikalen, verhärteten Teile des „antifaschistischen Milieus“ zeigten nicht den Ansatz von kritischer Selbstreflexion. Aus dieser Ecke kamen statt dessen fast ausschließlich zu Abwehrreaktionen, zum Beispiel durch inhaltlich substanzlose Beschimpfungen der Arbeit als „Machwerk“, „denunziatorisches Buch“, „hanebüchene Untersuchung“ usw. Diese Reaktionen waren – wie gesagt – vorausgesehen (siehe hierzu auch die Seite „Kritik“ auf dieser Homepage). Sie bestätigten exakt die in „Das `antifaschistische Milieu´“ beschriebenen Analysen zum geistigen und sprachlichen Zustand der radikalen Linken und des gesamtgesellschaftlichen Bewußtseins. Alles andere hätte überrascht. Und positive Überraschungen passen wohl nicht in eine Zeit eingefahrener Denkmuster.
Abgesehen davon erfuhr die Untersuchung im Laufe der Jahre aber auch kontinuierlich immer wieder positive Rezeption, und zwar bei all denen, die das darin analysierte politische Spiel schon selber kritisch zu hinterfragen begonnen haben. Diese Entwicklung dürfte sich mittel- und langfristig verstärken.

Die Arbeit war ein erster umfassender Schritt in „vermintes“, politisch bislang abgeschirmtes wissenschaftliches Brachland. Ein „Grundlagenwerk“, wenn man so will. Weitere Forschungsarbeiten werden folgen. Von mir, aber schließlich immer mehr von anderen.

DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld: „Der Prozeß der Auseinandersetzung mit den geistigen Hinterlassenschaften totalitärer Diktaturen wird noch lange Jahre andauern. Die Linke wird ihn nur mitmachen, wenn sie von außen dazu gezwungen wird. Am Ende des Prozesses muß ein antitotalitärer Konsens gegen Linksextremismus stehen, der so selbstverständlich ist wie der antitotalitäre Konsens gegen Rechtsextremismus in dieser Gesellschaft.“

Leopold Stocker Verlag, Graz, 2001

492 Seiten, Großformat, Broschur

 

 

 

 

 

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