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Stunde Null
Die Zeit ist endlos. Ihr Anfang und ihr Ende ist dem Menschen verborgen und unbegreiflich. Es war naheliegend, als Einheit für dieses Messen die von der Natur angebotenen Unterteilungen zu wählen: den Lauf der Sonne und des Mondes. Und so ist es bis heute geblieben.
Aber wo sollte ein Anfangspunkt gesetzt werden? Unterschiedlich nach Kulturkreisen und historischen Epochen wählten sich die Menschen "willkürlich" gesetzte Zeitpunkte, die der Beginn ihrer Zeitrechnung waren. Für das dem Christentum verpflichtete Abendland ist es die Geburt Jesu Christi, die nunmehr fast 2000 Jahre zurückliegt.
Aber immer wieder wird symbolisch der Begriff "Stunde Null" gewählt, um geschichtlich besonders einschneidende Ereignisse zu kennzeichnen. In ungezählten Veröffentlichungen aus jüngster Zeit wird immer wieder das Ende des Zweiten Weltkrieges als Stunde Null bezeichnet.
Aber wann soll diese "Stunde Null" geschlagen haben? War es in der Nacht von dem 8. auf den 9. Mai 1945, als die Kapitulation der deutschen Wehrmacht gegenüber den Weltkriegsgegnern in Kraft trat? Oder war es wenige Wochen später, als die immer noch amtierende Reichsregierung unter Großadmiral Dönitz verhaftet wurde? Manch einer könnte jetzt einwenden, eben diese Stunde Null habe schon geschlagen, als im Jahr 1939 der Zweite Weltkrieg begann.
Wir wollen hier die Stunde Null begreifen, als Symbol für das Beendetsein dieses wahnsinnigen Krieges. Für viele Menschen hat es nach dieser Stunde Null keinen Neubeginn gegeben, weil sie tot waren. Für viele Soldaten schlug die Stunde Null bereits zu dem Zeitpunkt, als sie in Kriegsgefangenschaft geraten sind. Vielleicht war aber auch der Krieg für diese Männer erst beendet, als sie aus dieser Kriegsgefangenschaft entlassen wurden. Für manche war dies ja erst 1955 der Fall. Viele Zivilpersonen, die das Herannahen und Hinwegrollen der Front überlebt haben, mögen dies als "Stunde Null" begriffen haben, obwohl der Krieg im ganzen noch nicht beendet war.
Zahlen und andere, weitergehende historische Angaben über die Jahre zwischen 1945 und 1949 kann man zur Genüge den Geschichtsbüchern entnehmen. Was Menschen aber tatsächlich in dieser Zeit erlebt haben, das können sie nur selbst berichten.
Was unsere Autorin, Frau Hildegard Rosin, hier niedergeschrieben hat, entspricht voll und ganz der Wahrheit.
Beim Einmarsch der russischen Truppen, im April 1945, lebten in Königsberg noch etwa 110 000 Frauen, Kinder und alte Leute. Als 1948 die Transporte im Frühjahr nach Westdeutschland begannen, waren es nur noch ungefähr 25 000, die diese grausame Zeit überlebt hatten. 85 000 waren verhungert, erfroren, erschlagen, an Typhus gestorben oder nach Sibirien verschleppt worden.
Wir hoffen, dass die Lektüre dieses Berichts und auch der folgenden Bände dazu dienen möge, die Bestrebungen aller Menschen zu bestärken, dass ein möglicherweise erneut drohender Weltkrieg verhindert werden kann
224 Seiten, 12 x 19,5 cm, gebunden mit Schutzumschlag