Die im letzten Jahrzehnt neu entflammte Diskussion um die Lokalisierung der Varusschlacht hat zu zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen geführt, und es ist zu erwarten, daß der weitere Gang der archäologischen Forschung eine immer genauere Rekonstruktion ihres Verlaufs ermöglichen wird. Eines vermag sie jedoch nicht – die Gestalten dieser längst vergangenen, für die Entstehungsgeschichte des deutschen Volkes so bedeutungsvollen Zeit wieder zum Leben zu erwecken.
Ernst-A. Schomer hat den dramatischen 12 Jahren der Auseinandersetzung zwischen dem Cheruskerfürsten Arminius und dem Imperium Romanum, dem immer wiederkehrenden Konflikt zwischen Hochzivilisation und Freiheitsdrang der Völker diese historischen Skizzen gewidmet, bis ihm die Ereignisse so lebendig vor dem Auge standen, wie sie uns nun aus seinem Buch entgegentreten.
Vor rund 1100 Jahren bildete sich das deutsche Volk aus mehreren
germanischen Stämmen, die über viele Jahrhunderte ihre Eigenart bewahrt
hatten. Voraussetzung dafür war gewesen, daß Arminius im Jahre 9 mit der
entscheidenden Schlacht im Teutoburger Wald das weitere Vordringen der
Römer nach Germanien verhindert hatte und auch in den folgenden Jahren
alle Versuche der römischen Weltmacht, ihren Herrschaftsbereich vom
Rhein bis and die Elbe auszudehnen, abwehren konnte. Deutschland blieb
so das Schicksal Galliens erspart, für Jahrhunderte fremdbesetzt zu sein
und romanisiert zu werden. Es konnte sich nach eigenen Gesetzen
entwickeln, seine germanische Kultur ins Mittelalter einbringen und dann
als Heiliges römisches Reich deutscher Nation für knapp ein Jahrtausend
das Geschehen in Europa wesentlich mitgestalten.
Das sollte
schon Berechtigung genug sein, sich mit Arminius und seiner Geschichte
entscheidend beeinflussenden Rolle zu beschäftigen. Hinzu kommt die
faszinierende Persönlichkeit des Cheruskerfürsten, wie sie uns
übereinstimmend von mehreren römischen Geschichtsschreibern überliefert
ist. Als erst große und in Einzelheiten greifbare Heldengestalt steht
Hermann der Cherusker, wie Arminius im Volksmund genannt wird, am Anfang
der deutschen Geschichte. Ihm gelang das bis dahin Unvorstellbare: Rom
auf dem Höhepunkt seiner weltgeschichtlichen Macht in die Schranken zu
weisen, zum ersten Male die individualistischen, ihre Freiheit über
alles liebenden germanischen Stämme für einige Zeit zu einigen, mit
seinem Aufgebot zunächst drei römische Elitelegionen unter Varus
vollständig zu vernichten und dann auch die jahrelang mit großer
Übermacht durchgeführten Vorstöße des Germanicus erfolgreich abzuwehren.
Allein seinem außergewöhnlichen politischen Weitblick, seinem
gewinnenden Verhandlungsgeschick, seiner beeindruckenden
Überzeugungskraft und seinem strategischen wie taktischen Genie bei der
Ausnutzung vorhandener Gegebenheiten verdankt Germanien seine Freiheit.
Viel
ist schon über Arminius und seine für die weitere Geschichte Europas
bedeutungsvolle Tat geschrieben worden. Die neueren Ausgrabungen von
Kalkriese bei Osnabrück haben, obwohl ihre Funde wahrscheinlich von
einem Treffen aus den Rachefeldzügen des Germanicus herrühren, die
Diskussion um die Varusschlacht erneut in die Öffentlichkeit gebracht.
Die Gestalt des Cheruskers ist dabei – dem gegenwärtigen
germanenfeindlichen Zeitgeist folgend – nicht selten unberechtigt
herabgesetzt worden.
Das vorliegende Buch wird in einer ganz
neuartigen Darstellung der großen Persönlichkeit des Germanenherzogs
gerecht. Es ist ein echtes Volksbuch über Arminius. Es bringt nicht nur
nach jahrelanger Beschäftigung des Verfassers mit den historischen
Überlieferungen eine packende Schilderung der geschichtlichen Abläufe um
die römischen Eroberungsversuche, sondern beschreibt auch ausführlich
die Persönlichkeit des Cheruskerfürsten – wie ebenso der anderen
beteiligten Führer auf beiden Seiten – auf dem liebevoll gezeichneten
Hintergrund damaligen germanischen Lebens. Der Leser erkennt die
gewaltige Aufgabe, die sich vor Armin auftürmt, und die große
Verantwortung, die dieser vor seinem Volk auf sich nimmt, er erlebt
hautnah Rückschläge und Zweifel, bangt um die manchmal an dünnen Fäden
hängenden militärischen Erfolge der Germanen, ist erschüttert über die
spätere Tragik im persönlichen Schicksal des Volksführers.
Dazu
hat der Verfasser, lange im Herzen des Cheruskerlandes und Kunsterzieher
tätig gewesen, in einer Fülle von Zeichnungen und Skizzen
textbegleitend das historische Geschehen eingefangen, so daß das
vorliegende Werk auch zu einem fesselnden Bildband über die damalige
Zeit geworden ist. Als solcher kann das Buch vor allem auf
Heranwachsende wirken und ihnen den Zugang zur gesschichtlichen
Wirklichkeit erleichtern. Dabei hat der Künstler hier ebenso größten
Wert auf die historische Treue in allen Einzelheiten gelegt, so daß dem
Werk auch in dieser Hinsicht durchaus wissenschaftliche Qualität
zugesprochen werden kann.
So liegt hier ein wirkliches
Gesamtkunstwerk vor, eine allgemeinverständliche Würdigung Armins und
seiner Zeit in Wort und Bild, eine wertvolle Ergänzung zu den rein
historischen Schilderungen der Kämpfe zwischen Germanen und Römern,
damit eine Darstellung, die jung und alt anspricht. Sie kann uns beim
Ringen um die Erhaltung von Volk und Identität Wege weisen und gehört
deswegen in jede Familie.
Über den Autor:
ERNST-A. SCHOMER, Jahrgang 1915, von 1969-81 Kunsterzieher an einem Gymnasium in Lippe, ab 1983 freier Maler, Graphiker und Medailleur in Minden. Veröffentlichungen: »Die Mindener und ihre Stadt« (1977), »Das Mindener Bürgerbataillon und 300 Jahre Freischießen« (1982), »Barntruper Bilderbogen« (1983).
368 Seiten, 21 x 30 cm, Großformat, gebunden, 265 zum Teil doppelseitige Zeichnungen