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Kandil, Mario: Bismarck - Der Aufstieg 1848–1871

Der Aufstieg 1848–1871

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In Deutschland ist es seit einiger Zeit Mode, herausragende historische Persönlichkeiten ›vom Sockel zu holen‹, sie zu ›entzaubern‹. Dieses Buch will Otto von Bismarck weder als einen großen Mann, der Geschichte machte, demontieren, noch will es ihn glorifizieren. Indem es ihn in den Vordergrund stellt, trägt es der überragenden Rolle Rechnung, die Bismarck bei der Bildung eines ›kleindeutschen‹ Nationalstaates gespielt hat: Ohne Zweifel einer der ganz großen ›Beweger‹ des 19. Jahrhunderts, das mit ihm zu einem tatsächlichen Abschluß gelangt ist, prägte er auf dem Gipfel seiner Laufahn  als ein um- und weitsichtiger Staatsmann nicht bloß die deutsche, sondern auch die europäische Geschichte in ganz entscheidendem Maße. Er drückte ihr im wahrsten Sinne des Wortes seinen Stempel auf.
 
Am Ende dieses Buches soll der Leser nicht nur eine plastische Vorstellung von Bismarck als Person, sondern ebenso von seiner Politik gewonnen haben. Beides ist unauflösbar miteinander verwoben, denn das Leben dieses bedeutenden Mannes war Politik – obwohl er sich oft bitter darüber beklagte, daß er als Mensch von den Zwängen seiner politischen Ämter fast völlig absorbiert werde. Politik war nun einmal sein Beruf im Sinne von Berufung, und auf diesem Betätigungsfeld hat er sich einen bleibenden Namen erworben.
 
Sicherlich war Bismarck zunächst ausschließlich ein Preuße und als solcher ein entschiedener Gegner Österreichs, des alten deutschen Rivalen Preußens. Im Gegensatz zu Österreich blieb er auch dann, als er den verengten Blick eines preußischen Junkers erweitert und die deutsche ›Berufung‹ Preußens erkannt hatte. Aus dieser neuen politischen Perspektive heraus mußte ihm die Habsburger Monarchie erst recht als Kontrahent der preußischen Monarchie erscheinen: Denn wenn deren Vormachtstellung für einen – erst noch zu schaffenden – deutschen Nationalstaat Geltung haben sollte, mußte Österreich draußen bleiben. Mit dem Sieg von Königgrätz am 3. Juli 1866 war diese Grundbedingung für einen geeinten deutschen Nationalstaat, wie ihn Bismarck sich vorstellte, geschaffen worden.
 
Jetzt zeigte sich Otto von Bismarck, der Realpolitiker: Da er das soeben besiegte und aus Deutschland verdrängte Österreich für die Zukunft als einen Bündnispartner gewinnen wollte, setzte er gegenüber Preußenkönig Wilhelm I. und seinen Militärs eine alles in allem doch recht schonende Behandlung des geschlagenen Gegners durch. Auch damit schuf Bismarck grundlegende Voraussetzungen dafür, daß der unter preußischer Führung stehende Nationalstaat ›kleindeutscher‹ Prägung – also ohne Österreich – im Krieg von 1870/71 Wirklichkeit werden konnte. Auf längere Sicht war der Ertrag dieser Schonung Österreichs das Bündnis zwischen dem Deutschen Reich und der Donaumonarchie, das dann bis zum Ende des Ersten Weltkrieges Bestand haben sollte. Auch in dieser Beziehung ist das Bild Bismarcks weit differenzierter, als es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat.
 
256 Seiten
Leinen mit Schutzumschlag
zahlreiche z.T. farbige Abbildungen

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